22. Okt. / Xichang-Panzihua, 220 Km; Sichuan. Wir fahren Richtung Gebirge der Provinz Yunnan und campen in der Hügellandschaft unterhalb des Lokalflugplatzes. (Y.&Ch.) haben einen Auffahrunfall, da ein Kleinlaster im Nebel in ihren Camper gefahren ist. Die Heckbox ist ramponiert. Inzwischen sind wir drei Gruppen:Toni und Marti warten mit Gerd in Xining seit Tagen auf die Ersatzteile, die im Zoll „hängengeblieben“ sind. Der MAN (R&R) mit Getriebeschaden wird vom Kat-1 nach Kunming, der Provinzhauptstadt von Yunnan abgeschleppt. Bald zerbröselt die dritte Gruppe in weitere zwei Teile, da die Strassen von der Polizei gesperrt wurden und Koordinaten falsch sind….Keine einfache Sache für unsere chinesichen (Pflicht)-Guides, die der Polizei und den Regierungsbehörden verantwortlich sind, dass die bewilligte Route strickte eingehalten wird. Wenn’s nicht klappt, verlieren sie ihre Lizenz, Touristen durch China zu führen.
Der 2. Unfall. Ein Auffahrunfall im Nebel eines chinesischen Kleintransporters auf ein WoMo (Ch & Y) von uns verlief relativ glimpflich. Die Heckbox war defekt. Beim Chinesen war die Font eingedrückt. Polizeikram auf Chinesisch.
23. Okt. / Panzihua-Ninglang, 260 Km; Yunnan. Heute sind wir grösstenteils ohne Karte und Navi unterwegs. Das Motto fahren nach Gefühl durch den Nebel. Wir sind schon ein paar Stunden unterwegs. Unsere vorgegebene Route ist durch die Polizei wegen Bauarbeiten gesperrt worden. Umkehren und wieder von vorn beginnen. Wir fragen einen jungen Chinesen nach dem Weg. Anhand des Strassenatlas wird unser Ziel klar. Noch zwei Fahrzeuge der Gruppe schliessen sich uns an, da sie auch „lost in the nowhere“ waren. Er fährt 30 Km durch den Nebel den Berg hinauf. Das Strässchen existiert nicht auch der Karte oder im Navi. Wir fahren alleine weiter und gelangen auf die Hügelkante auf 2400 Meter. Anschliessend auf der anderen Seite runter. Nach 9 Stunden errichten wir ein „Notcamp“, da es langsam dunkel wird.
MAN-Ersatzteile für das Getriebe sind nicht in China verfügbar. Auch nicht in Laos und Thailand. Deshalb werden sie direkt beim Hersteller in Friederichshafen bestellt und in die Schweiz geliefert. Eine nachreisenden Reise-Teilnehmerin (Vr.) brachte später die Ersatzteile. Peug. Camper Euro 5 (Ro) muss in Kunming in die Werkstatt, um Fehlermeldungen des DPF zu löschen. Die Ersatzteile für den Hy. (T & M) – Windschutzscheibe, Kühler, Streben, Lichtmaschine – hängen im Zoll in Peking fest, weil ein Formular fehlt, das für die riesige Windschutzscheibe benötigt wird – aber niemand der verschiedenen Agenturen wusste Bescheid. Die Lieferung wiegt 900 kg….Es ist eine sehr mühsame Situation für die Betroffenen. Das ganze Team nimmt Anteil am Schicksal/den Pannen. Wir müssen alle gleichzeitig als Gruppe aus China ausreisen. Der Termindruck hängt im Nacken.
24. Okt / Ninglang-Lijiang (Baisha), 120 Km; Yunnan. Wir fahren dem Yangtsefluss entlang in tiefen Schluchten und kraxeln wieder über abenteuerliche Strassen auf die Hügelzüge hinauf. Die Minderheit der Naxi lebt in Baisha (rund 2000 Menschen) und pflegt ihre alten Traditionen (Handwerk und Kleinhandel). Neben den Han-Chinesen (42 %) sind in Lijiang auch Naxi (20 %) und Yi (18 %) vertreten. Letztere sind tibetanischer Abstammmung.
Lijiang gilt in China als Stadt der Liebe und ist deshalb von sehr vielen chinesichen Touristen besucht.
25. Okt. / Lijiang – Dali, 170 Km; Yunnan. Am Morgen fahren wir noch ein anderes Dorf in der Nähe von Baisha. Hier treffen sich viele junge Chinesen um ihre Hochzeitsfotos anfertigen zu lassen. Dazu mieten sie sich traditionelle oder moderne Kleider.
In China unterwegs sein. Als Gruppenreise mit Flugzeug einreisen und im Autocar unterwegs sein ist einfacher. Die Touristen übernachten im Hotel. Die Reise wird über eine chinesische Agentur vorgängig gebucht und bewilligt. Die Route ist einzuhalten und wird kontrolliert. Die Kontrolle erfolgt durch die Meldung des Hotels an die örtliche Polizeistelle. Einzeltouristen in Guesthouses sind problematisch. Ist man Gast bei chinesischen Freunden, müssen diese die örtliche Polizeistelle informieren.
Reisen in privaten Expeditions-/Wohnmobilen sind schwieriger zu kontrollieren. Diesen Gruppen werden mindestens zwei Reiseleiter zur Seite gestellt. Diese tragen die Verantwortung für die Route. Gibt es Unfälle, Krankheiten etc., dass nicht die ganze Gruppe zusammenbleiben kann, müssen Sondergenehmigungen eingeholt werden. Diese Reisenden werden an jeder Mautstelle auf der Autobahn registriert. Oft gibt es Pass- und Fahrausweiskontrollen auf Rastplätzen. Die Daten werden mit den elektronisch hinterlegten Personalien abgeglichen (Quelle: Visa-Antrag, Einreisebehörde, Verkehrsbehörde).
Heute ist es einfacher als früher, um mit andern Sprachkulturen zu kommunizieren. Da musste der Reisende die entsprechende Sprache beherrschen oder einen Dolmetscher dabei haben. Heute geht das sehr einfach. Die Chinesen sind da sehr versiert. Sie (auch wir) haben ein entsprechendes App auf dem Handy. Da werden in der Muttersprache die Wörter in das Handy gesprochen und nach kurzer Zeit ist die Übersetzung in der gwünschten Sprache auf dem Handy ersichtlich.
Nächtliche Polizeikontrolle. In Dali sehen wir auf einem „Campingplatz“. Die Infrastruktur ist eher dürftig, aber frisches Trinkwasser ist vorhanden. In der Nacht – um 23 Uhr – schlich ein Typ um die Fahrzeuge und notierte die FZ-Nummern und machte Fotos. Ich streckte den Kopf durch die Türe und machte eine Handbewegung, dass er sich verziehen soll. Plötzlich standen 8 Polizisten – einzelne mit Maschinenpistolen im Anschlag – um mich und wollten meinen Pass. Den gebe ich nicht so gerne mitten in der Nacht aus der Hand; da wäre ich ausgeliefert und in der Bürokratiemühle gefangen. Somit konnte ich kein Englisch mehr. „Passport please“; „was meinsch, i verstand di nit, nei das chasch vergässe, dä chunsch nit über“. Auch nicht mit Handyübersetzung. Ich konnte nur noch Schweizerdeutsch… Unser Guide, der in der Zwischenzeit eintraf, löste die Situation durch eine längere Diskussion und nahm uns aus der Schusslinie.
Weshalb ausgerechnet mitten in der Nacht hier ein grösseres Polizeiaufgebot auftauchte, war unerklärlich – ausser Einheimische hätten dem örtlichen Polizeichef Meldung erstattet, dass Privatfahrzeuge mit Nummern, die in der Autonomen Region der Uiguren, XINJIANG ausgestellt wurden, auf dem Campground übernachten. Aber vielleicht ist dem gar nicht so, und es ist ein reiner Zufall, dass wir zu unserer eigenen Sicherheit kontrolliert wurden. Unsere Papiere waren alle in Ordnung, der Aufenthalt hier im Ort vorgängig gemeldet und bewilligt worden. Alles löste sich in „Minne“ auf, als anderntags ein noch höherer Polizeibeamter den Aufenthalt nochmals bewilligte und absegnete. In China hat die Hierarchie noch ihren Stellenwert. Eine klare Kompetenzordnung von oben nach unten.
26. Okt. Dali; Yunnan. Am Morgen gibt’s eine Bootstour auf dem See. Rund um den See, der ca. 100 Quadratkilometer gross ist, hat es zahlreiche Feriensiedlungen und Hotelbauten. Sie alle stehen leer und sind unbewohnt. Teilweise mitten in der Bauphase stecken geblieben. Vermutlich wurden die Bewilligungen entzogen, da der See aufgrund der Abwässer biologisch gekippt sein könnte. China unternimmt heute sehr viel im Zusammenhang mit dem Umweltschutz und der Luftqualität. Gegen Abend sind wir auch noch mit dem Tuck-Tuck in die Altstadt von Dali gefahren. Dali ist eine uralte Stadt (800 n. Chr. gegründet) an der Seidenstraße nach Burma. In der quadratische Altstadt sind noch alle vier Tore erhalten.
Unser Trinkwasser kaufen wir in 5-Liter Flaschen in den Supermärkten. Hier sind die Flaschen aufgetürmt zu schiefen „Türmen zu Pisa“. Beim letzten Einkauf stockten wir unsere Wasservorräte mit 2×5 Liter auf. Andertags zum Frühstück freuten wir uns auf den Kaffee. Beim Müeslirüsten erwähnte Margrit, dass die Mandarinen eigenartig riechen. Nein nicht die Mandarinen, vielleicht stinken die Passionsfrüchte. Sei’s drum. Das Wasser kocht auf dem Gasherd im Wasserkessel. Nur beim einschenken schäumt der Kaffee nicht, sondern ist eine müde, flache Pfütze in der Tasse. Da liegt der Hase im Pfeffer. Das Wasser stinkt. Blick auf die „Wasserflasche“. „BAI JIU 60% Vol“!!! Ich habe 10 Liter Schnaps gekauft statt Wasser. (Wasserflaschen rote Etikette und rund Flasche / Schnaps rote Etikette aber eckige Flaschen). Wir hatten grosses Glück, dass die Schnapskocherei nicht in Brand geriet und wir den Grenzübertritt nach Laos nicht in einem abgefackelten Land Rover-Hüttli machen mussten….
27. Okt. / Dali – Shiling, 417 Km; Yunnan. Wir fahren auf der Autobahn durch urbane Gebiete mit Wohnsiedlungen beispielsweise von 20 Hochhäusern zu 50 Wohnungen – die momentan leer stehen. Als wir auf dem Campground ankamen, hatte es ein paar Chinesen, die auch Hütten auf Rädern hatten, wie wir. Gross war ihr Interesse am Landy Defender. Der war ihnen bekannt und ein Begriff. Sie liessen sich die Hütte zeigen, staunten über Dusche und WC im Azalai, den Motor erklären und erkundigten sich nach dem Alter des Landy’s. 14 Jahre. Da knallte ihre Kinnlade auf das Riffelblech des Kotflügels. Hier in China müssen alle Autos nach 5 Jahren wieder in die Fabrik zurück. Sie würden so gerne Oldtimer fahren. Weshalb zurück – war meine Frage? Dadurch steige das Bruttosozialprodukt – war die Antwort mit einem breiten Grinsen!
28. Okt. Shiling (Shi=Stein, ling=Wald); Yunnan. Dies ist ein Weltnaturerbe und umfasst ein grosses Karstgebiet mit bizarren Kalksteinformationen.
Am Abend besuchten wir eine Vorstellung im Dynamic Yunnan Art Theatre. Eine fantastische Show, inspiriert von der Tanz- und Musikkultur der Ethnien Yunnans. 26 Völker leben in dieser Südprovinz. Die Regie hat Yang Liping, die wohl berühmteste Tänzerin Chinas.
29. Okt. / Shiling-Yunanyang, 320 Km; Yunnan. Eine Irrfahrt ohne Strassen auf dem Navi. Das Endziel war bekannt. Die Reisterrassen von Yunnan auf 1’500 Meter. Unsere Landy fuhr voran und im Schlepptau noch 2 weiter Fahrzeuge. Auf den letzten 20 Km fuhren wir auf eine Baustelle auf, wo soeben zwei Kipperladungen Kies auf die Bergstrasse geschüttet worden waren. Warten. Nach 30 Min. war der Haufen geplättet. Wir konnten weiterfahren. Bald darauf war wieder eine Strassensperre. Schnur über den Weg. Umkehren und alles zurückfahren (35 Km) hiess die Anweisung des Stassenwärters. Das war zu viel verlangt! Ich räumte eigenmächtig die Sperre weg und fuhr weiter. Pech gehabt. Bald war ein Trax und 2 Kipperladungen auf der Bergstrasse. „Welcome in China – mit einem breiten Grinsen“ (So, euch Langnasen lassen wir jetzt tüchtig auflaufen). Ein Telefonat mit unserem Chinesischen Guide klärte die Situation und bald wurde eine Fahrspur über den Sandhaufen ermöglicht. Nach so einem langen Tag und teilweise auf Berg- und Nebenstrassen wollten wir einfach nicht nochmals 100 km Umweg fahren. Oft klappt’s, wenn sich die Agentur (Befehl von Oben) einschaltet und die „Steine“ aus dem Weg räumt.
30. Okt. Yuanyang – Puer, 420 Km; Yunnan. Nachdem wir die Reisterrassen besichtigt hatten, hiess es, den eleganten Rückweg (ohne Baustellen) zu finden, denn die Strassen waren immer noch nicht auf dem Navi vorhanden. Nach 50 Km waren wir wieder im Tal und fuhren weiter durch herrliche Landschaften (steile Hänge, tiefe Täler, Flussläufe mit Baggerschiffen) nach Puer. Wir nähern uns der Grenze China – Laos.
Das blaue MAN-Expeditionsfahrzeug erhält die defekten Getriebeteile ersetzt. Probefahrt erfolgreich. Hy. Blauer MAN (von R&R)wider in der Werkstatt in Kunming. Kupplungsdefekte! Kupplung ausbauen und reinigen. Der Defekt wird behoben. (von T&M) mit dem Tieflader von Xining nach Kunming. Die Ersatzteile werden umdisponiert nach Kunming. 2 Fahrzeuge defekt und ein paar hundert Kilometer von der Genze zu Laos entfernt. Es wird spannend und Nervenaufreibend. Am 1. Nov. 2017 müssen alle Teilnehmer und alle Fahrzeuge zeitgleich China verlassen. Die chinesische Strassenzulassung (Nummernschild, MFK und Haftpflichtversicherung) erlischt am 1. Nov. 2017.
Übermorgen ist die Ausreise aus China angesagt. Die Reise durch dieses faszinierende Land nähert sich dem Ende. Herrliche Landschaften, fröhliche Menschen, unzählige Eindrücke haben unser Weltbild ergänzt und bereichert. Die Bürokratie und Kontrolle – zu unserem Wohle und Sicherheit – gehört halt einfach dazu. Dafür dürfen wir dieses Land bereisen und erleben. Wer damit nicht umgehen kann und dies nicht verkraftet, soll lieber in seiner Komfortzone zu Hause bleiben. Reisen ist anstrengend, abenteuerlich und spannend. Wir geniessen es sehr. Wir sind gesund und unser Landy fährt tadellos (nächstens mache ich den Ölwechsel und schmiere die Kardanwellen ab). Der Blog ist ja jetzt nachgeführt.