Bhutan (April 2018)

30. März / Jaigaon – Paro, 170 Km; Ausreise Indien nach Bhutan

Die Grenzformalitäten erfolgten speditiv. Anschliessend fuhren wir Richtung Paro. Die Strasse war schmal und teilweise steil. Sie führte den bewaldeten Hängen entlang. Rechts Steilhang, links hunderte von Metern Abgrund. Die Sicht war schlecht und es regnete. Auf dem Pass fielen die ersten Schneeflocken. Zahlreiche LKWs, die nach Indien fuhren, mussten auf den engen Kurven passiert werden. Das Parotal reicht von Süden bis an die tibetische Grenze hoch und hat einige der berühmtesten Sehenswürdigkeiten Bhutans. Richtung Paro besserte das Wetter wieder.

Tempelfest: Tanz der Masken

Wir hatten das Glück, am Tshechu, dem wichtigsten bhutanisch-buddhistischen Fest, das 5 Tage dauert, in Paro zu sein. Das Fest findet jeweils zum Frühjahrsvollmond statt (gleich wie das christliche Osterfest). Am vorletzten Tage des Festes erreichten wir Paro gegen 16 Uhr. Über die kleine Brücke gelangten wir zum Ringpung Dzong, ein buddhistisches Kloster mit Festungsmauern. Auf dem Klosterplatz war ein ausgelassenes Tanzen der Maskenim im Gange, die Dämonen verkörpern, begleitet von Hörnerklängen und rhythmischen Schlägen der Pauken. Tshechu haben zutiefst religiösen Charakter. Sie vermitteln Vorstellungen aus der Glaubenswelt des Lamaismus, sind lebendiger Kult und Schlüssel zur Religion und Geschichte des Landes. Die Tänze sind zu Ehren des Guru Rinpoche. Er war der Bezwinger der Götter und Dämonen des Bön (Religion in Tibet vor dem Buddhismus) und Verkünder des Buddhismus im Himalaja. Die Götter und Dämonen des Bön setzte er als Schutzheilige des Buddhismus ein und bei den Tshechus treten sie allesamt wieder in den Tänzen in Erscheinung.

31. März / Höhepunkt des Tempelfestes

Wir erlebten zwei seltene Höhepunkte an diesem Samstagmorgen. Vor Tagesanbruch strömen ganze Familien in ihren Festtagsgewändern und mit Picknick-Taschen auf das Klostergelände. Jeder möchte einen guten Platz ergattern für das Spektakel.

Am letzten Tage des Festes wird der 500 Jahre alte Thangka (Wandbild mit Naturfarben auf Seide gemalt) morgens um 5 Uhr entrollt. Dies auf der Schattenseite des Klosters. Gegen 9 Uhr, wenn die Sonne langsam den Thangka erreicht, wird er wieder eingerollt und bleibt bis zum nächsten Tshechu in einem Jahr sicher aufbewahrt. Das Thangka misst 30×20 Meter. In voller Pracht präsentiert sich das seidene Großbild von Guru Ringpoche mit seinen acht Emanationen (Schutzheiligen) und seinen beiden weiblichen Aspekten. Gläubige, die das Thangka andächtig betrachten, erhalten Buddhas Segen und spirituelle Vergebung durch tantrische Götter. Instinktiv zieht es sie deshalb zum Bild, um die acht glücksbringenden Symbole des Buddhismus an seinem unteren Rand mit Händen und Stirn zu berühren. Vor dem Thangka ist ein langer Altar mit Hunderten von Öllichtern, heiligem Wasser und buntdekorierten hohen Kuchen, die den Weltenberg Meru darstellen, aufgebaut. Wer hier Opfer bringt, betet und meditiert, ist dem Nirvana nahe.

Dies war der erst Höhepunkt für uns. Der zweite Höhepunkt war, dass der junge König am Fest teilnahm und sich unter die 3000 Bhutanesen begab. Er verrichtete seine Gebete und Ehrerbietungen vor dem Thangka und setzte sich dann ohne Bodyguards auf den Grashang, der als Zuschauertribühne diente. Die Menschen verehren ihren König und verneigen sich mit gesenktem Blick, als er durch die Menschenmassen schritt.

Tiegernest / (Paro Taktshang)

Am Nachmittag wanderten wir in knapp 2 Std. zum berühmten Tiegernest hoch. Dieser heiliger Ort für die Buddhisten, ein Klosterkomplex auf einem Felsen 800 Meter über dem Paro-Tal, liegt auf 3120 Metern. Der Weg führt durch einen Pinienwald, dessen Bäume mit bunten Gebetsfahnen geschmückt sind. Hier soll die 2. Inkarnation Buddhas, der der die buddhisische Lehre nach Bhutan brachte, im 8 Jh. in einer Höhle meditiert haben. Der Klosterkomplex wurde jedoch erst 1692 erbaut.

1. April / Paro – Thimphu, 60 Km.

In Thimphu angekommen besuchten wir die Stupa. Die Königsfamilie liess sie erbauen. Der dritte König Jigme Dorji Wangchuck verstarb jung. So liess seine Mutter 1972 in seonem Gedenken das heilige Gebäude errichten, da der Sohn noch so viele Projekte nicht mehr realisierten konnte. Auf dem Kuensel Phodrang Hügel wurde der grösste, 50 Meter hohe, sitzende Buddha Shakyamuni erbaut. Die Statue wurde in China hergestellt und dann in Stücken mit Schiffen und Trucks über Phuentsholing nach Thimphu. Er wurde von einem Geschäftsmann gestiftet, der in Singapur lebt. Der Dzong in Thimpuh ist Verwaltungsgebäude und Kloster gleichzeitig. Erstaunlich ist die Ruhe, die in den Innenhöfen herrscht. Am Nachmittag kauften wir auf dem Wochenmarkt lokale Spezialitäten ein. Der Markt beginnt donnerstagabends und dauert bis spät in den Sonntag hinein. Anschliessend gingen wir Momo essen. Das sind Teigtaschen (Ravioli), gefüllt mit Zwiebeln, Kohl, Butter und Käse. Dazu gehört eine Chillisauce. Das war mein bevorzugtes Menue in Nepal und Bhutan.

Zum Nachtessen hat uns der Minister für Transport und Tourismus eingeladen. Folkloristische Darbietungen mit Tänzen des Tempelfestes bildeten den gastlichen Rahmen. In Thimphu hatte die Regierung an der wichtigsten Strassenkreuzung die erste Verkehrsampel des Landes eingerichtet. Bald protestierte die Bevölkerung, dass die Ampel unpersönlich sei und zu wenig Verkehrsaufkommen herrsche. Kurzum wurde die Ampel entfernt und nun regelt ein Polizist den Verkehr wie seit eh und je….

2. April / Thimphu – Punakha, 80 Km.

In Bhutan lässt sich an der Bergstrasse „heiliges Wasser“ tanken. Das ist Quellwasser, wo in kleinen Häuschen vom Bach Gebetsmühlen angetrieben werden. Wir fuhren über den 3116 Meter hohen Pass Dochula. Er ist der spektakulärste Pass in Bhutan. Von hier sahen wir einen Teil der 8 Himalaya-Bergen. Auf dem Pass befinden sich 108 kleine Stupas, die 2004 in Erinnerung an die Opfer einer gewaltsamen Auseinandersetzung in Südbhutan zwischen der Armee und Rebellen aus Assam errichtet wurden. Das buddhistische Kloster Chimi Lhakang, 1499 errichtet, wurde dem Mönch Drukpa Kunley gewidmet. Er predigte den Buddhismus auf ungewöhnlich Weise. Er führte bizarres Tanzen auf und machte sexuelle Anspielungen. Auf sein Anraten wurde der Phallus als Schutzsymbol auf die Häuserwände gemalt. Frauen mit Kinderwunsch wurden mit Phallus aus Holz, Elfenbein oder Knochen auf den Kopf geschlagen….

Punaka war bis 1955 die Hautstadt Bhutans. Der im 17. Jh. bei der Staatsgründung, wo die verschiedenen Bezirke vereinigt wurden, errichtete Dzong ist der zweitälteste des Landes und gilt als schönster Palast in Bhutan. Er thront über dem Zusammenfluss des Pho Chhu (Vater) und Mo Chhu (Mutter)-Fluss. Hier wurde 1907 Ugyen Wangchuk zu ersten König Bhutans gekrönt. Bis Thimphu Hauptstadt von Bhutan wurde, war der Dzong auch Sitz der bhutanesischen Regierung. Bis zum heutigen Tage ist hier das Winterquartier der rund 800 – 1000 Mönche aus dem Thimphu Dzong.

3. April / Punakha – Gangtey, 80 Km. (Phobjikha Valley)

Auf dem Hochtal überwintern jedes Jahr Schwarzhalskraniche. Im März fliegen sie wieder über den Himalaya nach Tibet zurück. Auf ca 3’000 Meter über Meer fuhren wir durch Rhododendeneälder.

4. April / Gangtey – Trongsa, 80 Km.

Wir fahren weiter nach Zentralbhutan auf kurviger Strasse und überquerten den Pele La Pass, der 3420 Meter hoch ist. Die Strasse ist die einzige Verbindung nach Zentral- und Ostbhutan. Teilweise ist die Strasse sehr ausgesetzt und eine Schlagloch-Piste. Aber das steckte unser Landy locker weg, da er ja für das Grobe gebaut ist (verstärktes Fahrwerk etc.). Auf der Strecke hatte es wieder unzählige Gebetsfahnen. Die Buddhisten nennen sie Windpferde. Auf den Fahnen stehen Gebete und Mantras. Sie werden bis zur vollständigen Verwitterung hängengelassen. Die Gebete werden über die Landschaft getragen und verbreiten Segen. Die Fahnentücher sind verschiedenfarbig. Blau für den Himmel, weiss dür die Luft (Nirwana), rot für das Feuer, grün für das Wasser, gelb für die Erde. Zudem gibt es noch Fahnenstangen mit weissen Flaggen dran. Sie werden bei einem Todesfall in der Familie aufgestellt und auch bis zur vollständigen Verwitterung hängen gelassen.

Trongsa ist eine alte Stadt und weist zahlreiche alte Gebäude auf. Der Dzong wurde 1644 gebaut und war der Sitz der Wangchuck-Dynastie. 1907 erlangte sie die Königswürde und stellte den ersten König von Bhutan. Der heutige König ist der 5. König. Wir hatten unseren Standort beim Museum oben.

Der Spr. von Th. & C. hat eine defekte Dichtung des Turboladers. Ein Ersatzteil erhielten sie von einem Spr. des selben Jahrgangs. Ein Taxikurier brachte das Teil zwei Tagesetappen zum Pannenfahrzeug.

5. April / Trongsa – Bumthang, 71 Km.

Das Highlight in Bumtang war der „Schweizer“ Emmentaler. In den 70er Jahren war Fritz Maurer mit Helvetas in dieses Dorf gekommen. Hier brachte er den Leuten das Käsen bei. Anschliessend gründete er ein Swiss-Hotel. Im „Bumthang-Swiss-Cheese“-Laden erstanden wir zwei Stück „Emmentaler“ Käse, australischen Weisswein und hiesigen Honig.

Beim Expeditionsfahrzeug MAN knallt wieder einen Reifen. Von einem mitreisenden MAN konnte ein Reifen ausgeliehen werden. Wie beschrieben hat der blaue MAN keinen Ersatzreifen mehr.

6. April / Bhumtang – Mongar, 180 Km.

Heute fuhren wir über den höchsten Pass in Bhutan mit 3738 Meter.
Der blaue MAN hat wieder einen Schleicher im Reifen (Plattfuss). Er konnte in Mongar notdürftig geflickt werden. Unser Standort war der Fussballplatz.

7. April / Mongar – Gomphu Kora, 97 Km.

In Mittelbhutan treffen wir auf Bauern, die ihr Land noch auf tradtionelle Art und Weise pflügen – mit Ochsen.
Das Team-Fahrzeug Spri. hat die nächste Panne. Die Lichtmaschine hat den den Geist aufgegeben. Das Notfallprozedere bestand darin, dass ein Generator auf dem Hänger installiert wurde und von dort Kabel zum Motor verlegt wurden.

Gomphu Kora wurde in 17. Jh. gebaut. Auch hier soll Guru Rinpoche (vgl. Tiegernest) meditiert haben.

7.4.2018 / Das Team-Fahrzeug Spr. hat die nächste Panne. Die Lichtmaschine hat den den Geist aufgegeben. Das Notfallprozedere bestand darin, dass ein Generator auf dem Hänger installiert wurde und von dort die Kabel zum Motor verlegt wurden. Zwei Tage später konnte die Lichtmaschine notdürftig repariert werden.

8. April / Gomphu Kora – Narphoong, 140 Km.

Wir fuhren zum letzten Mal über ausgesetzte Schotterpisten über Berg und Tal. Das letzte Mal in einer kühlen Region mit Daunenduvets schlafen – leider. In der indischen Tiefebene, die wir durchqueren werden, wird es nachts wieder schwül heiss. An der Strasse sehen wir zahlreiche Wanderarbeiter aus Indien, die hier im Strassenbau beschäftigt sind. Sie hausen oft in Blechhütten. Aufgeschlitzte, leere Teerfässer werden für die Unterstände verwendet.

9. April / Narphoong – Guwahati, 160 Km; Indien

Am Morgen war es bitter kalt. Nashi stand vor unserem Landy. Wir kamen ins Gespräch. Er sei Vollweise und arbeitslos. Mit Kühe hüten verdiene er sich ein paar kleine Geldscheine für das nötigste zum Leben. Ich schenkte ihm meinen „Isländer“ (Pullover im 2016 in Reykjavik gekauft), der mich bald zwei Jahre begleitet hatte. Für Nashi war er etwas zu goss. Trotzdem präsentierte er sich mit Freude darin.

Bhutan – Info (April 2018)

Wir reisen von Nepal über Indien nach Bhutan ein. Bhutan ist im Norden von hohen Bergen zu Tibet / China begrenzt und im Süden von Indien. Somit ist das kleine Land zwischen den beiden aufstrebenden Wirtschaftsmächten eigeklemmt. Die wirtschaftliche Verbundenheit zu Indien ist sehr gross. Bhutan erhält von Indien finanzielle Unterstützung u.a. für Wasserkraftwerke. Der überschüssige Strom wird nach Indien geliefert und ist der Haupteinnahmepfeiler der kleinen Volkswirtschaft. In der Aussenpolitik betreibt Bhutan eine selbstbewusste Haltung und Balance zu den beiden grossen Nachbarn.

Die Fläche ist mit 38’394 Km2 etwas kleiner als die Schweiz und beherbergt 750’000 Einwohner. Der Staat wurde erst im 17. Jh. gegründet und umfasst 20 Bezirke. Seit der Unterzeichnung der Verfassung im 2008 ist Bhutan eine konstitutionelle Monarchie. Das spezielle an Bhutan sind die Achtung und starke Stellung des Königs. Zudem führte der Vater des jetzigen Königs auch eine gesamtheitliche Bemessung der Menschen in Bhutan ein – das Bruttonationalglück (BNG), englisch Gross National Happiness.

Das politische System entspricht einer Demokratie mit Oberhaus (Ständerat) und Unterhaus (Nationalrat).

Das Bruttosozialprodukt BSP beträgt USD 8,2 Mrd. und teilt sie wie folgt auf:
Landwirtschaft (prim. Sektor) 16.6 %
Industrie (sek. Sektor) 41.4 % / 15 % Elektrizität
Dienstleistung (tert. Sektor) 50 %

Die Haupteinnahmequellen sind Wasserkraft und Tourismus (Tagespermit USD 250). Von den 200’000 Touristen sind 130’000 Inder, die kein Visum und Tagespermit brauchen. Somit sind sie auch keine direkte Einnahmequelle. Die restlichen Touristen bezahlen die Tagespauschale, welche auch einen Guide beinhaltet. In Bhutan darf niemand ohne Guide reisen. In Gegensatz zu China, wo der Guide Bestandteil der politischen Überwachung ist, achtet der bhutanesische Guide nebst der Reiseführerfunktionen auch auf die Einhaltung der Regeln, die auch für Bhutanesen gelten (ordentliches Benehmen in der Öffentlichkeit, Kleidung in Dzongs (Burgen/Klöster), kein Littering etc). Die Umwelt, Strassen und Flüsse in Bhutan sind erfrischend sauber gegenüber Indien…..

Zudem hat Bhutan als einziges Land der Welt nicht nur das Bruttosozialprodukt als Massstab des Wirtschaftens, sondern auch das Konzept der „Gross National Happiness“, ein Glücksbarometer der Bevölkerung. Dieser ist verknüpft mit der Wirtschaftspolitik und umfasst folgende Punkte:

– grüne und nachhaltige Wirtschaft
– Förderung der sozialen Verantwortung und ökologische Industrie
– Förderung der kulturellen und spirituell sensitiven Industrien
– Investition in Dienstleistungen der Bhutan Brand
– Förderung einer gebildeten Gesellschaft

Mit dieser Politik, die auch gelebt wird, verhindert Bhutan Fehler, die „entwickelte“ (Nachbar)- Länder machen und gemacht haben.

Finanziert wird das Konzept mit den Einnahmen aus Wasserkraft und Tourismus. Die Schulen und das Gesundheitswesen sind gratis. Steuern bezahlen lediglich die Gutverdiener. Landwirte und Kleinhändler sind steuerbefreit. Möchten die Bhutanesen ein Haus bauen, können Gelder (keine Kredite) bei einer königlichen Stiftung angefordert werden. Der Baustil ist traditionell.

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