Für uns Endet die Seidenstrasse am Gelben Fluss. Unsere Route führt weiter Richtung Südchina.
Quinghai ist die neue Provinz. Da wechselt das gefühlte China das Gesicht. In der vorherigen, autonomen Provinz Xingjiang waren die Tankstellen verbarrikadiert. Zuerst musste der Pass vorgezeigt werden an der Stacheldrahtbarrikade. Anschliessend wurden wir eingelassen und konnten Diesel einfüllen. Auch die Polizeikontrollen waren häufig an der Strasse anzutreffen. Das hiess aussteigen, mit dem Pass in die Police-Station gehen. Pass scannen und Gesicht fotografieren lassen. Diese Massnahmen werden angewendet, um Anschläge der Uiguren, die ein autonomes Gebiet wollen, zu verhindern. In der Provinz Quinghai ist ein völlig neues Erscheinungsbild. Keine Strassenkontrollen, zugängliche Tankstellen und entspannte Menschen. Es wäre falsch, den Eindruck zu haben, dass in ganz China nur überwacht und kontrolliert wird. Dies ist „nur“ in den autonomen Provinzen der Fall, wo Peking ein dickeres Sicherheitsnetz aufspannt.
9. Okt. / Dunhung – Jiayuguan, 380 Km; Gansu. Die Stadt Jiauguan trägt den Namen der Festung Jiayu Guan. Sie ist der Abschluss der Grossen Mauer der Ming (Ming-Dynastie 14. Jh-17.Jh.). Die Festung beherbergte 30’000 Soldaten und stellte der westlichste Aussenposten des Chinesischen Reiches dar. Die Grosse Mauer war nicht nur eine Landes- sondern auch eine Kulturgrenze.
Wir können es fast nicht fassen, dass wir von zu Hause bis an die Grosse Mauer in China gefahren sind. Wir freuen uns jeden Tag über das grosse Glück hier zu sein und sind dankbar für die zahlreichen Erlebnisse und Eindrücke auf unserer Reise mit unserem Landy.
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10. Okt / Jiayugun – Yongchang, 400 Km; Gansu. Nach einer bitterkalten Nacht schien heute die Sonne wieder. Aber auf 2.500 m Höhe, wo wir unterwegs waren, stieg die Temperatur nur knapp über den Gefrierpunkt. Durch eine grandiose Bergwelt fuhren wir weiter Richtung Süden nach Yongchang. Hier stehen wir auf dem ersten chinesischen Campingplatz mit Standplätzen, die Strom- und Wasseranschluss hatten. Der Platz wird von der Stadt betrieben.
11. Okt. / 330 Km Yongchang – Lanzhou, 330 Km; Gansu. Eigentlich war der ursprüngliche Plan über das Qilian Shan Gebirge mit Passübergängen auf 3’600 Meter zu fahren. Da der frühe Wintereinfall Schnee bis auf 2’000 Meter brachte, musste die Route in tiefere Lagen verlegt werden. In der Nacht war die Temperatur unter Null gesunken. In unserem Schlafzimmer des Landys herrschten dank der Standheizung angenehme +16 Grad. Durch die Ausläufer des tibetischen Hochlandes überquerten wir Pässe von 2’600 Meter Höhe. Der Blick auf die verschneiten 4’000er liess die Gedanken an den baldigen Saisonstart der Skitouren in den Alpen aufkommen…..Zudem erklang Ländlermusik aus unserem Soundblaster um die alpine Stimmung noch zu untermalen. Ja, je mehr Längengrade auf der Erdkugel hinter uns liegen, desto erträglicher werden Musikstilrichtungen, die wir zu Hause eher nicht hören. Die Realität hat uns wieder eingeholt, als wir in Lanzhou, der Provinzhauptstadt mit 4 Mio. Einwohnern (einer kleineren Stadt für chinesische Verhältnisse) von unserem Navi durch stinkige Industriegebiete mit Kratern im Strassenbelag gelotst werden. Der Höhepunkt der Irrwege war die Navi-Route vor einen verbarrikadierten Bahnübergang. Die Strasse im Zentrum von Lanzhou war seit Jahren stillgelegt. Lanzhou liegt am „Gelben Fluss“, auch Huang He genannt. Seinen Namen trägt der Fluss aufgrund der gelblichen Färbung, die durch abgetragenen Löss entsteht, der über Bäche und Nebenarme in den Flusslauf gespült wird. Er ist nach dem Jangtsekiang der zweitlängste Fluss Chinas und der viertlängste einzelne Fluss der Erde. Seine Länge beträgt 5464 Kilometer. Das Einzugsgebiet umfasst 752.443 Quadratkilometer und der Ursprung liegt auf den Hochebenen Tibets.
Der Team-Spr. hat eine defekte Dieselleitung und schleifende Kupplung. Der Spr. wird auf ein Pannen-Abschlepp-LKW verladen und 1000 Km in die Werkstatt transportiert. In der Werkstatt wird zusätzlich festgestellt, dass 2 der 6 Einspritzdüsen zerbröselt sind….Die Ersatzteile werden in Deutschland beschafft.
In China wird wie wild gebaut. Wenn mehrere neugebaute Hochhäuser leer stehen, erweckt das den Eindruck, dass im Rahmen eines Konjunkturprogrammes auf Vorrat gebaut würde. Grund und Boden gehört dem Staat. Privatpersonen können Häuser und Wohnungen im Baurecht auf 70 Jahre hinaus kaufen. Der Renovationsbau wird nicht gross geschrieben. Vielmehr werden die Hochhäuser schlecht unterhalten und vermutlich eher abgerissen und neu erstellt als renoviert (Wirtschaftswachstum).
Zu den Löhnen: Ein Lehrer verdient rund 6000 Yuan (CHF 900). Erhält aber „Geschenke“ von den Eltern der Schüler. Zudem an Feiertagen gibt’s Gehaltszulagen. Ein LKW-Fahrer kann bis zu 15’000 Yuan (CHF 2’200) verdienen. Ein Fladenbrot kostet 2 Yuan (30 Rappen). Die Nudelsuppe heute Mittag kostete 10 Yuan (CHF 1,50. – für 2 Personen!).
In Lanzhou überqueren wir den Gelben Fluss. Für uns ist dies das Ende der Seidenstrasse. Wir reisen jetzt Richtung Südchina.